Was Nachwuchskräfte brauchen

BERLIN. Moderiert von Christian Buer, Professor an der Hochschule Heilbronn, diskutierten Entscheider und Nachwuchsführungskräfte beim Deutschen Hotelkongress in Berlin über die Herausforderung, Mitarbeiter für das Gastgewerbe zu gewinnen und zu halten. Teilnehmer Christian Henzler, Area Manager Rhein-Main beim Hotelbetreiber Bierwirth & Kluth und als Captain bei der Eröffnung des Moxy Frankfurt East dabei, hat selbst eine Weiterbildung zum Coach gemacht, um seinen Aufgaben als Führungskraft besser gerecht zu werden. Er kann sich aber noch gut an eigene Vorstellungsgespräche als Bewerber erinnern, in denen sich bei potenziellen Arbeitgebern wahre Abgründe auftaten bei seiner Frage nach dem Weiterbildungsbudget für Mitarbeiter.

Der Stellenwert von Weiterbildung

„Da kam schon mal die Antwort: Wieso, die sind in sechs Monaten doch eh alle wieder weg. Mit dieser Einstellung braucht man sich nicht zu wundern, warum einem die Mitarbeiter weglaufen.“ Entsprechend gut angekommen sei deshalb bei ihm die Reaktion seines jetzigen Arbeitgebers: Bei Bierwirth & Kluth habe die Chefin ihm sofort das Budget für Weiterbildungsmaßnahmen genannt und hinzugefügt: „Wenn Sie das nicht ausgeben, müssen wir ein Gespräch führen.“

Die Team-Kultur im Unternehmen und bei Moxy beschreibt Henzler so: „Wir begrüßen uns immer mit einer Umarmung und horchen in die Menschen hinein, um zu erkennen, worüber wir mal sprechen sollten.“ Brainstormings, die zu den wildesten Ideen führten, seien ebenso wichtig wie deren strukturierte Umsetzung. Anders als ursprünglich angedacht, beschäftigt das Moxy Frankfurt East nun doch vorwiegend Fachkräfte. „Ein Learning aus der vorangegangenen Eröffnung des Wiener Hauses“, wie Henzler sagt.

Aber das doch recht unkonventionelle Arbeitsklima trägt offenbar Früchte. Es gebe reichlich Bewerbungen auf freie Stellen. „Und wir haben auch schon Gäste eingestellt.“ Aus seiner Sicht ist es entscheidend, als Unternehmen wirklich den Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen. Der Captain im Moxy kümmere sich in erster Linie darum, dass es den Mitarbeitern gut geht. „Denn dann geht es auch den Gästen gut“, ist Henzler überzeugt.

Bei schlechter Laune rauf aufs Trampolin

Wichtig sei auch die eigene Einstellung als Führungskraft. So müsse man immer voraussetzen, dass jeder mit einer positiven Absicht handele. „Wenn uns also etwas am Verhalten eines Mitarbeiters seltsam vorkommt, fragen erst einmal uns selbst, was wohl dahinterstecken könnte, und stellen gegebenenfalls eine Wozu-Frage.“ Der Hintergrund: Wenn man jemanden fragt „Wozu hast du das gemacht?“, impliziert man mit dieser Formulierung, dass der Mitarbeiter sich etwas dabei gedacht hat – während man mit anderen Fragestellungen schnell eine „Was soll das denn“-Vorwurfshaltung einnimmt. Christian Henzlers ultimativer Tipp: „Lassen Sie einen nörgelnden Mitarbeiter mal drei Minuten auf dem Trampolin springen – das vertreibt mit Sicherheit negative Gedanken!“

Oft klagen gestandene Unternehmer im Gastgewerbe darüber, dass der berufliche Einstieg über eine klassische Ausbildung heutzutage eher schlecht angesehen sein und auch die Politik akademische Bildung über Gebühr befördere. In der Diskussionsrunde kristallisierte sich jedoch heraus, dass auch die Entscheidungsträger dem Lamentieren nichts abgewinnen können und dafür plädieren, konstruktiv mit dieser gesellschaftlichen Entwicklung umzugehen.

So sagte Alexander Aisenbrey, Geschäftsführer des Öschberghofs und Vorsitzender den Initiative Fair Job Hotels: „Es ist ein Riesenproblem der Branche, dass wir keinen gemeinsamen Weg finden beziehungsweise viele Betriebe nicht bereit sind, unterschiedliche Wege in den Beruf anzuerkennen und am besten auch selbst anzubieten.“ Im Öschberghof habe man eine neue Kombination aus Ausbildung und einem Bachelorstudium zum Betriebsökonom in insgesamt viereinhalb Jahren kreiert, um Berufseinsteigern ein attraktives Angebot zu machen. Dabei arbeitet der Betrieb mit dem IST und der Berufsfachschule in Villingen zusammen.

Alternativen zum Einstieg von der Pike auf

Nadja Dahlmann, die selbst über ein Studium in die Branche eingestiegen und jetzt für die Hotels Hafen Hamburg und Empire Riverside tätig ist, sieht durchaus Gründe für die Akademisierung und warnt vor deren Verteufelung: „Verschiedene Typen von Menschen brauchen eben unterschiedliche Ansätze. Ich denke auch, man muss als Führungskraft nicht jede Arbeit schon mal selbst gemacht haben, sondern man kann auch viel über Empathie erreichen.“

Ein entscheidender Aspekt bei der Wahl des Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes ist immer auch das Image – des einzelnen Betriebs wie der Branche. Und da hat das Gastgewerbe oft einen schweren Stand. Guido Zöllick, Präsident des Dehoga Bundesverbands, betonte: „Wir müssen bewusster und auch selbstbewusster mit unserem Job umgehen: Den kann nicht jeder!“ Aber auch die Diskussionsteilnehmer, die selbst alle glücklich mit ihrem Karriereweg sind, kennen die Gründe für das negative Image der Branche. „Wenn im Fernsehen ein Beitrag über den Mindestlohn läuft, ist im Hintergrund als Illustration ein Koch zu sehen, der im Topf rührt! Und wir können nicht mal sagen, dass ist Mumpitz, weil es das eben tatsächlich gibt“, ärgerte sich Christian Henzler darüber, dass Gastronomie und Hotelleriehartnäckig der Stempel der schlechten Bezahlung aufgedrückt bleibt.

Schwarze Schafe vom Markt nehmen

Auch Moderator Buer merkte an: „Wenn man argumentiert, nicht mehr bezahlen zu können, aber zugleich hohe Pachtzahlungen abgehen, dann leistet der Unternehmer diese auf dem Rücken der Mitarbeiter.“ Auch Aisenbrey appellierte an alle Kollegen: „Wir müssen unsere Preise anheben und zu unserer Leistung stehen. Wir schaffen es sonst nicht, die Wertschätzung dafür hochzuhalten, was unsere Mitarbeiter leisten.“ Die schwarzen Schafe, die den Ruf der Branche ruinieren, würde der Öschberghof-Chef am liebsten vom Markt fegen. Er forderte im Hinblick auf die Mitarbeiter schlechter Betriebe. „Geht doch nicht zu den Idioten, sondern geht zu den guten Arbeitgebern!“

Christian Henzler verwies auf die Aktion „Coole Branche“, bei der drei Zusammenschlüsse aus der Branche im Raum Frankfurt zusammenarbeiten, um das Image des Gastgewerbes positiv zu besetzen Frankfurt gibt sich cool vom . Dafür fließen auch Mittel aus der ungeliebten Tourismusabgabe der Stadt für Freizeitreisende, die so immerhin der Branche wieder zugutekommen. Katharina Saavedra, die in Paris im Hotel Panache für die Gastronomie zuständig ist, verwies wie Aisenbrey darauf, dass es doch viele gute Ausbilder und Arbeitgeber gibt. „Meine Ausbilderin damals im Madison Hotel war ihrer Zeit voraus, da gab es keine 16 Stunden Dienst für irgendwelche Bankett-Geschichten“, lobte sie. Und Verbandspräsident Zöllick gab sich überzeugt: „Die Buntheit und Vielfalt der Branche mit den unterschiedlichsten Einstiegsmöglichkeiten ist eine Stärke, von der wir aus profitieren können. Das Gastgeber-Gen wird es weiter geben!“