Heilbronn: Digitalisierung wird in der Hotel- und Gastronomiebranche immer wichtiger, ersetzt aber nicht den persönlichen Kontakt. Welche Entwicklung die Branche nehmen könnte, war Thema beim Hospitality -Forum in Heilbronn.
Die Digitalisierung macht auch vor der Hotel- und Gaststättenbranche (Hoga) nicht halt. Doch wie verändert die fortschreitende Technologisierung diesen besonderen Wirtschaftszweig? Und was bedeutet das für Unternehmer, Mitarbeiter und Gäste?
Mit diesen Fragen beschäftigte sich das zehnte Heilbronn Hospitality Symposium, zu dem Veranstalter Professor Christian Buer von der Hochschule Heilbronn einmal mehr hochkarätige Branchenexperten auf den Bildungscampus Heilbronn gelockt hatte.
In Boston kochen schon die Roboter
Es dürfte die Horrorvorstellung für jeden passionierten Koch sein: eine vollautomatisierte Küche, in der Roboter ohne menschliches Zutun das Essen zubereiten. Was wie Zukunftsmusik klingt, ist in Boston schon Realität, wie Michael Kuriat von der Leipziger TNC Group berichtet. Im Spyce Restaurant kommen die Gerichte aus der Roboterküche – in maximal drei Minuten und zu einem günstigen Preis. Spyce ist hier weltweit Vorreiter und damit ein krasser Beleg für Kuriats These: “Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden.”
Dass wir alle künftig in vollautomatisierten Restaurants sitzen und uns von Robotern bekochen und bedienen lassen, glaubt der Branchenexperte aber nicht. “Gastronomie wird immer das soziale Lagerfeuer bleiben”, ist er überzeugt. Gleichwohl führe an der Digitalisierung in der Branche kein Weg vorbei. “Man kann nicht nicht mitmachen”, ist Kuriat überzeugt und fragt sich angesichts der Zurückhaltung vieler Kollegen: “Sind wir offen für neue Wege und Lösungsansätze?” Es müsse eine emotionalen Wandel in der Branche geben, um die Chancen neuer Technologien zu nutzen.
Die Technologie ist kein Feind
Dieser Wandel ist bereits im Gange – beim einen mehr, beim anderen weniger. Die Experten beim Hospitality Symposium sind sich in einem Punkt einig: Es geht im Hotel- und Gaststättengewerbe nicht um die Frage Mensch oder Maschine, sondern um Mensch und Maschine.
“Die Technologie ist kein Feind, sondern soll uns das Leben leichter machen”, sagt der Schweizer Branchenexperte Hans-Jürg Rufener. Unstreitig sei, dass es auch in Zukunft um ein “Aufmerksamkeitsgeschäft” geht, das von menschlichen Kontakten geprägt ist. Rufener spricht von den vier Ms in der Branche: “Man muss Menschen mögen.”
Digitalisierung könnte zu Wertsteigerung führen
Das sieht auch Mirko Silz so. Technik solle einen Mehrwert für die Mitarbeiter haben, findet der Geschäftsführer der Restaurantkette L”Osteria, die auch in Heilbronn vertreten ist. Er denkt dabei vor allem an jene Bereiche, die nicht direkt mit dem Gast zu tun haben, also Warentwirtschaftssysteme, Rechnungswesen, Kassensysteme, Prozessmanagement, Einkauf oder Personalplanung. Hier könne Digitalisierung durchaus als wertsteigernder Faktor wirken. Was Automatisierung in der Küche angeht, ist Silz eher skeptisch.
“Bei uns ist noch alles handmade, alles analog”, sagt er. Das sei ungewöhnlich für Systemgastronomie, weiß der L’Osteria-Chef, der gerade in der Individualität der Lokale ein Erfolgsgeheimnis sieht. “Keiner weiß, dass wir Systemgastronomie sind”, sagt Silz. Derzeit betreibt L’Osteria 118 Restaurants in sieben Ländern.
Dem Manager ist aber bewusst, dass die angepeilte Skalierung und Expansion des Geschäftsmodells ein gewisses Umdenken erfordert. “Wir müssen mehr standardisieren”, sagt Silz, der dabei die neuen technischen Möglichkeiten besser als bisher nutzen möchte, ohne darüber das zentrale “People Management” zu vernachlässigen.
Der Mensch bleibt wichtig
“Der Faktor Mensch bleibt auch in der Digitalisierung wichtig”, glaubt auch Nikki Lukas, Gründerin und Geschäftsführerin der Düsseldorfer Salatbar Greenkarma. Die Online-Bestellung ist bei ihr zwar ganz normal, aber die Unternehmerin legt bei aller Freude über den technischen Fortschritt Wert darauf, dass es in ihrem Lokal zu Begegnungen zwischen Menschen kommt. “Wir sind und bleiben alle social animals”, ist Nikki Lukas überzeugt.
Neue Wirtschaftsstimme
Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe der Wirtschaftsstimme, die am Dienstag, 26. November, erschienen ist. Die Ausgabe beschäftigt sich mit Trends und Entwicklungen in Hotellerie und Gastronomie, der aktuellen Rangliste der größten Arbeitgeber in Heilbronn-Franken und Projekten der Integration von Flüchtlingen.
Entwarnung vor anonymen Hotels und Restaurants ohne Menschen gibt auch Frank Marrenbach, der sich um die weltweit neun Luxushotels der Oetker-Gruppe kümmert. Der langjährige Chef des Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden sieht die Technologie vor allem als Erfüllungsgehilfe, um dem Mitarbeiter die Arbeit zu erleichtern und dem Gast den Aufenthalt zu verschönern. Wichtig sei dabei, dass Technologie Spaß mache und ein konkretes Problem löse. Als Beispiel nennt er Sprachsteuerung, die deutlich auf dem Vormarsch sei und auch in den Hotels eine immer wichtigere Rolle einnehme.
Was Gästen wichtig ist
Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß Frank Marrenbach aber genau, wie wichtig gute Mitarbeiter sind. Im Brenners Parkhotel hat er vor Jahren einmal eine Umfrage gemacht, bei der die Gäste unter unzähligen Punkten auswählen konnten, was ihnen beim Hotelaufenthalt am wichtigsten ist. Ergebnis: das ungezwungene Gespräch mit dem Mitarbeiter.