Diesen Artikel veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung der AHGZ.
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Grundlage der Diskussion war eine Studie der Hochschule Heilbronn, erstellt und präsentiert von den Studentinnen Luisa Bucher und Elena Turatus unter der Betreuung von Prof. Dr. Christian Buer. Untersucht wurde die Arbeitgeberattraktivität in der Hotellerie und zudem ein Vergleich zu den Ergebnissen einer früheren Studie aus dem Jahr 2003 von Heike Wesener hergestellt. In der anschließenden offenen Fragerunde diskutierten Prof. Dr. Christian Buer (Horwath HTL), Sabrina Westphälinger, Senior Director Talent & Culture – DACH von Accor und Rolf Seelige-Steinhoff, Geschäftsführender Gesellschafter der Seetelhotels die Ergebnisse mit dem Publikum.
Hochschule Heilbronn
Veränderung der Wahrnehmung der Arbeitgeberattraktivität
Ein zentraler Befund der Studie ist die Veränderung in der Wahrnehmung der Arbeitgeberattraktivität seit 2003. Während die Studie von Heike Wesener bereits auf die Bedeutung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, einer ausgewogenen Work-Life-Balance und transparenten Karrieremöglichkeiten hinwies, zeigt die aktuelle Untersuchung, dass diese Aspekte weiterhin kritische Faktoren für die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter darstellen. Trotz der erkannten Notwendigkeit für Anpassungen in diesen Bereichen, scheinen die Maßnahmen der letzten zwei Jahrzehnte nicht ausreichend gewesen zu sein, um die Erwartungen der Arbeitnehmer vollständig zu erfüllen. Besonders alarmierend: Mehr als 50 Prozent der befragten Arbeitnehmenden würden ihren Job nicht noch einmal antreten. „Ein erschreckendes Ergebnis“, stellte Turatus fest.
Die Studie legt nahe, dass eine stärkere Fokussierung auf individuelle Mitarbeiterbedürfnisse, eine transparente Kommunikation und die Anpassung von Arbeitszeitmodellen erforderlich sind, um die Attraktivität als Arbeitgeber in der Hotellerie zu steigern.
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Die Studie schließt mit Handlungsempfehlungen: Zentral ist es, eine Employer Branding-Strategie zu implementieren, die ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber positioniert. Des Weiteren wird die Anpassung von Arbeitszeitmodellen hervorgehoben, um auf die Flexibilitätsanforderungen der Branche zu reagieren. Die Studie betont die Bedeutung einer ausgewogenen Work-Life-Balance durch flexible Arbeitsbedingungen. Eine positive Unternehmenskultur, die Wertschätzung, offene Kommunikation und eine kooperative Führungskultur umfasst, wird als weiterer entscheidender Faktor genannt. „Wir befinden uns teils immer noch in alten Mustern, wir müssen endlich ins Handeln kommen“, konstatierte Turatus.
Wendepunkt in der Arbeitswelt
Anschließend diskutierten Prof. Dr. Christian Buer, Sabrina Westphälinger undRolf Seelige-Steinhoff mit dem Publikum über die Studienergebnisse. Westphälinger sprach von teils „erschreckenden Ergebnissen, besonders weil wir seit 20 Jahren viel getan haben“. Positiv sah sie, dass die Befragten älter geworden seien. „Die Leute bleiben also trotzdem dabei“, sagte sie. Aus ihrer Erfahrung bei Accor fügte sie hinzu, dass die Herausforderungen kein spezifisch deutsches Problem seien. „Das sehen wir in ganz Europa“, sagte sie. „Wir sind an einem Wendepunkt in der Arbeitswelt.“
Seelige-Steinhoff sah in den permanenten Krisen seit 2020 eine Mitursache für einige der Probleme. „Vieles ist da den Bach runtergegangen, wir waren permanent im Überlebensmodus“, sagte er. Selbstkritisch fügte er hinzu: „Dabei haben wir vielleicht auch das ein oder andere Warnsignal in der Kommunikation mit den Mitarbeitern übersehen. Da müssen wir jetzt nachsteuern.“ Flexibilität etwa bei Arbeitszeitmodellen sei wichtig, aber nicht pauschal, sondern speziell auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst.
Herausforderung Home-Office
Alle Teilnehmer der Runde berichteten von besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit Remote Work, und hier den Erwartungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Jochen Oehler von Progros saß im Publikum und berichtete, dass die unterschiedlichen Einstellungen der Kollegen in seinem Unternehmen zunehmend zu Spannungen geführt hatten. Als Unternehmensführung sei man schließlich „auf Konfrontation gegangen“ und habe wieder auf einen gewissen Anteil Präsenz gedrängt. „Das hat am Anfang zu Unmut geführt, aber nach einiger Zeit hat das Team die Entscheidung mitgetragen“, erzählte er. Nun habe man einen gesunden Mix von Präsenz und Remote erreicht. „Wir sollten die dadurch entstehenden Freiheiten ja auch nicht wieder aufgeben“, betonte Westphälinger.
Die Runde war sich auch einig, dass ein Weg zur Zufriedenheit sei, die Mitarbeitenden stärker zu fördern, die von sich aus motiviert seien und sich für das Unternehmen einsetzten, Seelige-Steinhoff sprach von „Fans“ eines Unternehmens. Denn diese könnten diesen Spirit auch auf diejenigen übertragen, die eventuell mehr „Mitläufer“ seien. Zudem gebe es immer einen wechselwilligen Teil, die das Unternehmen schon etwa für geringfügig höheres Gehalt wechseln würden. Wenn möglich, sollte man diesen Anteil möglichst gering halten.
Den Abschluss der Diskussion machte ein Beitrag aus dem Publikum. Alexander Dürr, Director of Operations bei den Minor Hotels, sagte: „Eine Sache hat mir ein bisschen gefehlt in der Diskussion. Wir müssen bei der Einstellung von Abteilungsleitern, bei den Leuten ‚an der Front‘, viel mehr auf Leadership-Skills achten als früher, wo die Facheignung noch mehr im Mittelpunkt stand. Nur so bekommen wir motivierte Teams in den Hotels.“