Sicherungstopf nach Thomas-Cook-Pleite fast leer

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Kunden des pleitegegangenen Pauschalreise-Veranstalters Thomas Cook haben nach Einschätzung des Tourismuswirtschafts-Experten Christian Buer kaum Chancen, ihr Geld vollständig zurückzubekommen. „Erfahrungsgemäß wird am Ende nur ein geringer Teil des gezahlten Geldes zurückgegeben, vielleicht 20 oder 30 Prozent“, sagt der Professor an der Hochschule Heilbronn dieser Zeitung.

Zuvor war bekannt geworden, dass die staatlich festgelegte Garantiesumme, mit denen sich Anbieter gegen Insolvenz absichern müssen, wohl bei Weitem nicht ausreichen wird, um alle Ansprüche von Reisenden und solchen, die ihre Reise nie antreten konnten, gegen Thomas Cook abzudecken. Allein, um gestrandete Urlauber wieder nach Hause zu bringen, hat der Cook-Versicherer Zurich von den zur Verfügung stehenden 110 Mio. EUR schon 80 Mio. EUR ausgegeben. Damit stehen nur noch 30 Mio. EUR zur Verfügung, um Pleite-Opfern ihre bereits gezahlten Reisepreise oder ihre Anzahlungen zurückzuerstatten. „Das wird keinesfalls reichen“, betont der Professor.

Buer kritisiert, dass das Sicherungssystem unterdimensioniert sei. 1994, als die Sicherungsscheine für Reisende eingeführt wurden, sei die Summe von 110 Mio. EUR möglicherweise noch angemessen gewesen. „Aber seitdem sind die Preise von Pauschalreisen deutlich gestiegen. Die Vorgaben hätten dringend angepasst werden müssen.“ Der Professor weist allerdings darauf hin, dass sich Pauschalreisen durch eine bessere Absicherung leicht verteuern würden. „Pro Reise vielleicht um 2 oder 3 EUR“, vermutet er. „Zahlen muss am Ende immer der Verbraucher.“

Zwei rechtliche Fragen zum Sicherungssystem für Pauschalreisenden sind noch offen. So ist unklar, ob sich das Bundesverbraucherschutzministerium mit seiner Auffassung durchsetzen wird, dass Rückholaktionen nicht aus dem Topf des Sicherungssystems bezahlt werden dürfen. Dann, so die Hoffnung, wäre mehr Geld da, um Reisepreise und Anzahlungen zurückzuerstatten. Bei Zurich steht man auf dem Standpunkt, das sei „eine absurde Interpretation des Gesetzes“. Juristen sprechen von rechtlichem Neuland, das hier betreten werde.

Darüber hinaus prüft der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) die Möglichkeit einer Sammelklage von Kunden gegen Thomas Cook. Aufhänger wäre, dass die Pauschalreise-Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2015 ausdrücklich vorsieht, dass der Versicherungsschutz für die Pauschalreisen „wirksam“ zu sein habe, wie ein vzbv-Sprecher sagt. Den Haftungsbetrag einfach auf 110 Mio. EUR zu begrenzen, verstoße daher gegen diese EU-Richtlinie.